Παρασκευή 6 Δεκεμβρίου 2013

Der-Grieche-Aktuell

KRISE

Inzwischen sind viele Griechen am Ende ihrer Kraft angelangt


Athen.   Die Griechen kommen nicht zur Ruhe. Akademiker, Handwerker, Rentner - sie alle leben von der Hand in den Mund. Viele Menschen können sich nicht mal eine Krankenversicherung leisten. Die Zahl der Selbstmorde ist dramatisch angestiegen. Am schlimmsten trifft es die Kinder.

Es ist Zahltag auf dem Arbeitsamt in Lavrion, eine Autostunde östlich von Athen. Bis auf den Bürgersteig der Fleming-Straße stehen die Menschen an. „Ich bin seit zwei Stunden hier“, sagt Fotis Mitsos. Der 28-Jährige will sein Arbeitslosengeld abholen.

Lavrion war in der Antike so etwas wie die Schatzkammer Athens. Sklaven gruben hier tiefe Stollen ins Gestein. Sie förderten silberhaltiges Erz. Mit dem Silber von Lavrion finanzierte Perikles den Parthenon und Themistokles jene Kriegsflotte, die Griechenland vor der Besetzung durch die Perser rettete. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war Lavrion die größte Industriestadt des Landes, Arbeiter aus dem ganzen Land strömten ins „griechische Ruhrgebiet“. Das alles ist Geschichte. Die Werkshallen sind Ruinen. Die Rezession, die Griechenlands Wirtschaftsleistung seit 2009 um ein Viertel und die Realeinkommen um fast 40 Prozent schrumpfen ließ, gab Lavrion den Rest.


206.000 Mittelständler gingen pleite
Fotis wollte weg von hier. In Athen hat er Architektur studiert. Aber wer braucht Architekten, wo die Aufträge der Bauwirtschaft seit Beginn der Krise um mehr als 70 Prozent eingebrochen sind? „Das Studium war teuer, aber umsonst“, sagt der junge Mann mit bitterer Ironie. 2010 fand er immerhin Arbeit als Verkäufer in einer Baustoffhandlung. Doch 2012 meldete die Firma Insolvenz an, eines von 206.000 mittelständischen Unternehmen, die im Verlauf der Krise pleitegingen.

Fotis zog zurück in die kleine Wohnung seiner Eltern. Jetzt steht er im sechsten Monat in Folge für sein Arbeitslosengeld an: 360 Euro. „Halbzeit“, sagt Fotis. Damit meint er: Das erste halbe Jahr als Arbeitsloser hat er hinter sich. Noch weitere sechs Monate bekommt er Geld, dann ist Schluss. Ein Jahr lang gibt es in Griechenland Arbeitslosenunterstützung. Danach ist man auf sich gestellt. Eine Grundsicherung wie Hartz IV gibt es nicht. Fotis sucht verzweifelt einen Job: „Aber ich mache mir keine Illusionen.“ Die Arbeitslosenquote beträgt fast 28 Prozent. „Ich bin doch noch so jung – und schon an der Endstation“, sagt Fotis verbittert.

Viele können sich einen Arztbesuch nicht leisten
Am Ende ihrer Kräfte fühlt sich auch Marianna Stavropoulou. Sie wiegt ihre zehn Monate alte Tochter in den Armen, aber das Mädchen hört nicht auf zu weinen. Mutter und Kind warten vor einer Arztpraxis im Athener Vorort Perama. Es ist keine gewöhnliche Praxis. Hier betreibt die Organisation Médecins du Monde (Ärzte der Welt) eine Krankenstation für jene, die sich keinen regulären Arztbesuch leisten können, weil sie nicht versichert sind.

Wenn in Griechenland das Arbeitslosengeld ausläuft, verliert man auch seine Krankenversicherung. Drei Millionen Griechen sind bereits unversichert, fast jeder dritte Bewohner des Landes. Marianna ist seit zwei Jahren arbeitslos, im Juni 2012 verlor auch ihr Mann seine Stelle als Vorarbeiter bei einer kleinen Werft, das Unternehmen war bankrott. Jetzt lebt die dreiköpfige Familie von den Ersparnissen. Aber das Geld geht zur Neige.

„Was wir erleben, ist schockierend und beschämend: eine humanitäre Krise in einem Land der Europäischen Union“, sagt Nikitas Kanakis, einer von rund 600 Ärzten, die in der griechischen Sektion der Ärzte der Welt ehrenamtlich mitarbeiten. Perama, westlich von Piräus, ist ein Brennpunkt der Krise. Früher lebten hier die meisten Familien vom Schiffbau und von der Seefahrt. Schon in den 1980er Jahren gerieten viele Werften wegen der Konkurrenz aus Asien in Schwierigkeiten. Die Finanzkrise hat die Branche fast ausradiert. Heute beträgt die Arbeitslosenquote in Perama rund 60 Prozent.

Am schlimmsten trifft es die Kinder
„Es gibt hier Familien, die seit Monaten ohne Strom leben, weil sie die Elektrizitätsrechnung nicht bezahlen können“, sagt die Kinderärztin Anna Mailli, eine von 30 Medizinern, die in der Praxis in Perama unentgeltlich Dienst tun. „Am schlimmsten trifft die Krise die Kinder“, sagt Mailli. Viele der Kinder, die Anna Mailli untersucht, sind chronisch unterernährt.

Was der Ärztin aber am meisten Sorge bereitet, ist die wachsende Zahl von vernachlässigten, depressiven oder sogar misshandelten Kindern, die in ihre Praxis gebracht werden. „Früher waren Fälle von Kindesmisshandlungen in Griechenland die Ausnahme“, berichtet Mailli. „Jetzt sehe ich zunehmend Kinder, die blaue Flecken haben, weil sie geschlagen wurden. Das zeigt: Die Krise lässt immer mehr Familien zerbrechen, und die Kinder als Schwächste haben darunter besonders zu leiden.“

Selbstmord war ein Tabu in Griechenland - früher
Dass die Krise Menschen aus der Bahn wirft, weiß niemand besser als Aris Violatzis. Er versucht, Selbstmordkandidaten zu retten. „Wenn es keine Hoffnung gibt, gibt es Hilfe“ ist das Motto der Organisation Klimaka, die unter der Notrufnummer 1018 Suizidgefährdeten zu helfen versucht. Klimaka heißt übersetzt Strickleiter. „Wir versuchen, den Menschen eine Leiter zuzuwerfen, auf der sie ins Leben zurückklettern können“, sagt der Psychiater Violatzis. Er leitet das rund um die Uhr besetzte Suizidpräventionszentrum der Organisation.

Die Zahl der Selbsttötungen ist rapide angestiegen. „Selbstmord war früher ein Tabu in der griechischen Gesellschaft“, sagt Violatzis. „Aber wir können nicht länger die Augen verschließen.“ Spätestens nicht mehr seit dem 4. April 2012. Da setzte sich ein 77-Jähriger inmitten der Passanten auf dem Athener Syntagmaplatz eine Pistole an die Schläfe und drückte ab. Der pensionierte Apotheker hinterließ eine Notiz: „Ich will in Würde sterben, bevor ich in Mülltonnen nach Lebensmitteln suchen muss.“

ΠΗΓΗ.derwesten.de



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